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Seit einiger zeit ist es kühl draußen. Nachts fällt es ein wenig unter 0 und dann am morgen, wenn ein hauch Blau den himmel färbt, steigt es drüber. Der Wind ist mäßig, kein Niederschlag, die einzige Feuchte auf den Straßen stammt vom Salztau.
Mal färbt der Reifen sich weiß, auf den trockenen Abschnitten wird er allmählich dunkler, das Rex Pflegeöl sorgt dafür, daß die Salzkruste nachher leicht wieder verschwindet. Den Schlauchschal klemme ich mir unter des Helmband und ziehe ihn bis an die Ohren. das reicht für den Anfang und später für die Abfahrten.
Die 110 Höhenmeter vor der Haustür sind die beste Aufwärmung. Das Raleigh hat ein 42er – im beinahe Kleinsten gang geht es stetig hinauf, ohne zu drücken. Oben dann die kurze Sicht Richtung Taunus, der Hinweis, welches Wetter noch kommen könnte ; und mit hoher Frequenz weiter, Muskeln lockern, nciht schneller werden, den Tritt rund halten. Die Bundesstraße wird passiert, malerische, aber holprige Wege führen mich über die Dörfer Ich rieche das Vieh auf dem Bauerhof, ich sehe die Amseln, die sich um halbvereiste Äpfel balgen.
Irgendwann geht es ab ins Gelbachtal, Isselbach ist ein Knotenpunkt meiner Routen, hier wähle ich die Zahl der Anstiege, die Zahl der Kilometer, die ich machen werde. Isselbach ist ruhig und von Pferdekoppeln umgeben.
Heute geht es von hier den kleinen Weg nach Hirschberg hinauf, direkt am Höchst vorbei , größtenteils durch einem schönen Mischwald. Hier fahren nur Einheimische, ich habe also meine Ruhe und kann mich ganz auf die beste Linie und das Tempo konzentrieren und den Gang, in dem ich mich hier wohlfühle. Es sind vier km und ich kann mich nach Belieben hier fordern.
Oft halte ich oben, kurz vor einem größeren Buchenbestand, wo die Sicht auf den Feldberg wieder frei wird. Heute weiter, ein kurzer Blick zurück. und es beginnt eine durchrüttelte Abfahrt im Wald . Der Abstieg von fast 200hm über 6km wird nach Hirschberg von einem kurzen, halbflachen Abschnitt unterbrochen, an dem sich sehr gut Kraft auf dem großen Blatt „trainieren“ läßt. Dann, mit dem Feldberg im Visier, die lange gerade nach Altendiez hinunter, hier läßt sich locker das kleinste Ritzel treten. Der letzte Abschnitt führt mit 9% auf einen Kreisel hinunter, die Bremsen sollten gut packen.
Einkaufsstadt Diez, meine Mittelalter-Metropole, im Schatten der Nachbarstadt Limburg . Ich ziehe es hier vor, da ich in kürzester Zeit meine Besorgungen wieder hinausfahren kann. Ein guter Fleischer, Post, Bank der türkische Schneider für die demolierten Rad- und Kindersachen und der Buchhändler, bei dem die Biographie des campionissimo, Fausto Coppi, auf mich wartet.
Dann die Flachstücke durchs Lahntal 52×19, 18, manchmal 17. Hier übe ich den Rhythmus, das Dauertempo, die Muskeln sind jetzt ordentlich warm, die erste größere Belastung liegt hinter mir. An der Verkehrsader Limburg-Hadamar, ein endloser Wurm von Exdörfern, liegen alle Geschäfte, die meine kleine Familie versorgen können.
Wenn der Rucksack gefüllt ist mit der täglichen frischen Milch, beginnt das Zeitfahren. Um 12h2o, spätestens 12h25 muß das Rad wieder im Keller sein. Im Kindergarten nebenan wartet die Kleinste, die ich auf den Arm nehme, um dann eine verdiente Banane mit ihr zu teilen. Aber noch ist es nicht soweit.
B8: manchmal, so wie heute, höre ich im Anstieg Elz- Malmeneich schon das Mahlen der Traktorreifen, die sich von hinten nähern. Vorgestern hat er mich nicht gekriegt, heute werde ich nicht davonkommen. Ich muß den Anstieg schaffen, wenn ich auf dem flachen eine Chance haben will, vom Windschatten zu profitieren und die Minuten gutzumachen, die ich irgendwo verloren habe. Ich halte das große Blatt solange ich kann, in der S-Kurve lasse ich ihn noch nicht vorbei – erst auf der Geraden: dort gehe ich auf 17, dann 15 und hole alles heraus. Gewonnen. Bis zum nächsten Anstieg rolle ich mit 50kmh dahin, dann, wenn der Schwung weg ist lasse ich das Ungetüm ziehen und schaue der Wolke hinterher, die die 200PS durch den Schornstein jagen.
Noch eine Gerade, noch einmal gegen den Nordostwind und dann im Schuß hinunter ins Dorf, dessen Name alles sagt: Thalheim. Es hat gereicht, mein persönliches Zeitfahren ist gewonnen, ich bin grau.
Später, wenn ich alle bekocht habe und abschätzen kann, wie die Hausaufgaben laufen, werde ich mir anlesen, was Fotheringham zu Coppi schreibt. Dann werde ich mir vorkommen wie ein kleiner Schüler, der die Runde auf dem Schulhof für ein Abenteuer hielt. Dennoch hoffe ich, daß diese Schulhofsrunde mir helfen wird , im August bis Brest zu kommen.
wenn Du so trainierst, wirst Du PBP lustvoll und locker fahren können! Mach et!
Yeah, endlich eine Brot- und Butterrunde ohne intellektuelle Höhenflüge oder drohenden Beschuss durch MiGs. 😉
Der Bericht führt mir wieder einmal vor Augen, mit welch unterschiedlichen Voraussetzungen wir in unsere Standardrunden starten. Für 110 Höhenmeter am Stück müsste ich mindestens 10-20 km Anfahrt in Kauf nehmen, aber praktisch alle meine täglichen Einkäufe kann ich zu Fuß im 200-Meter-Radius zwischen Edeka, Bioladen, türkischem Gemüseladen und Wochenmarkt erledigen, dafür lohnt es sich nicht im Geringsten, das Rad aus dem Hinterhof oder dem Keller zu holen.
Per Park & Ride mache ich es manchmal auch so, das ich gleich in einen Anstieg hinein starte. Aber oftmals bin ich auch nicht undankbar dafür, dass ich flach losfahren kann. Was ich aber auf alle Fälle mühelos nachvollziehen kann, ist die gigantische Anziehungskraft des Gelbachtals, der ich ja auch immer wieder gerne erlegen bin, wenn ich in der Gegend radelte. Aber der Hirschberg-Anstieg ist mir irgendwie durchgerutscht, den muss ich irgendwann noch nachholen.
Aus der Strukturschwäche eine kleine Tugend machen. Park and Ride würde zuviel Zeit schlucken.
Ein flaches Einrollen wäre überhaupt kein Nachteil und in den Anfängen hier war der Anstieg schon nicht heiter. Irgendwann aber ist der Rhythmus geschult und dann …. Das Gelbachtal bietet den Vorteil nicht nur einer Ruhe, die erst im April wieder von Krafträdern gestört wird, sondern eben Steigungen, die sich über mehrere kilometer hinziehen und unterschiedliche Schwierigkeitsgrade haben. Da sind auch zwei hochprozentige Stiche, die ich nur an sehr heiteren und frischen Tagen angreife, und wenn es nur ist, um mental stark genug für die Ardennen zu sein . . .
Hier spart mir park & ride ein bisschen Zeit, denn so schnell wie mit dem Darkmobil komme ich mit dem Rad von zuhause aus nicht zu den niederbergischen Hügeln. Ich habe das vorigen Winter öfters so praktiziert, um nicht wieder so unvorbereitet in den Westerwald zu fahren wie im Jahr zuvor. Diese Steigungen von mehreren Kilometern Länge kosten halt doch deutlich mehr Körner als die kürzeren Anstiege hier in der Nähe. Die steileren Stücke können auch fies sein, aber selbst an einem schlechten Tag geht es irgendwie doch, und wenn es mit dem Rettungsring ist. Würden wir dieses Jahr an Ostern same procedure als last year machen, hätte ich wohl eine Kompaktkurbel für Monsieur Mercier geordert, um auf den holprigen Straßen des Westerwalds nicht mehr den harten Alurahmen vom Koga fahren zu müssen.