Juli Mitte – Ein Wasserträger auf dem Sprudelweg
Rom ist weit, dachte sich der Präfekt von Helvetien und feierte munter weiter: denn nur einige Jahre hatte er, um reich zu werden. In diesen Jahren genoß er alle Annehmlichkeiten, die Rom seinen Provinzen vermachte und wusch sich in den Thermen von seinen Orgien rein. Wie man weiß, legte Asterix ihm das Handwerk.
900 Jahre später wunderte sich der namenlose Leibeigene der Voreifel , wenn er mit seiner Hacke statt kargem Ackerboden auf ein Stück Gewölbe traf. Dieses Mauerstück Rom, eine Wasserleitung oder Teil einer Thermalanlage, war wirklich weit: so weit, daß man die aus Backstein gemauerten Aquädukte für Höllengänge hielt.
Wiederum 1000 Jahre später, etwas weiter südlich, steht mein Carlton-Raleigh am alten Thermalbad von Marienfeld. Immer noch sprudelt die mineralische Quelle und inzwischen haben die Bewohner des Rheintaunus dazugelernt; – diese ehemals römischen Quellen werden von Heimatvereinen und gepflegt, instandgesetzt und dienen Wanderern als willkommene Zapfanlage.
Meine Flasche ist wieder gefüllt. Nach dem Aartal ist diese die zweite Quelle, an der ich auf dem Weg zum Rhein halt mache. Seit 3 Stunden bin ich auf dem Sprudelweg unterwegs durch ein welliges, waldiges, sparsam besiedeltes Gebiet, das einst den Grafen von Katzenelnbogen gehörte . Eine Gegend südlich der Lahn, südlich der Städtchen Nassau und Bad Ems, die der Agrikultur überlassen blieb.
Immer wieder geht es in Dorfkerben hinunter und aus diesen wieder hinauf. Welle um Welle arbeite ich mich gegen den Wind vor: Rheinwärts.
Der letzte Anstieg, hinter dem ich schon einen verheißungsvollen Fernsehmasten ahne, führt mich stetig zur kuppe, wo ein gewaltiger Mähdrescher auf nahende Aufgaben wartet. Weit hinter mir leuchtet im Tal die Kirche von Marienfels nach. Noch einmal geht es hinauf über die Landstraße, dann ist die letzte Hürde genommen.
An umgewidmeten Tankstellen vorbei begebe ich mich auf die rollende Abfahrt durch den Wald. Sie führt nach Braubach an den Rhein!
Als der Wald endet ist das Symbol des Ortes, die Marksburg, unübersehbar. Hinein in den Hang, der gleichmäßig und nicht zu steil (sagen wir 8/100) hinaufführt. Ein ganz schmaler Weg unter Bäumen.
Auf der Aussichtsplattform genieße ich den lange erwarteten Rheinblick (mit Frachtschiff), den Traum der Reisenden aus ganz Old Europe
und lasse mich gern belichten. Im Gegenzug bediene ich ein Tablet, auf dem mich die Reisegruppe glücklich anlächelt. Die Mühen liegen hinter mir.
Geradezu berühmt wurde das Rheintal, besonders seine mittelalterlich dramatischen Variante zunächst bei den Engländern. Die Kilometer zwischen Koblenz und Bacharach suchte William Turner auf, um seine Skizzen einer heroischen und ruinenbesetzten Landschaft zu schaffen. Ausgezeichnete Werbung, & sehr haltbare Kunst!
die (putzigen)neogotischen Schlösser am Strome, die Wacht, die kamen erst später als Stilmöbel hinzu. Aber alpine Übertreibung ist erlaubt
Nach der Abfahrt in der Sonne am Rhein entlang und wenige Kilometer später bei Lahnstein, durchs Lahntal bis Limburg heimwärts. Lahnstein als „Straßendorf“ wirkt merkwürdig vernachlässigt.
Lahn- Nordufer über Bad Ems, Nassau und Diez. Immer wieder kreuzt die 150-jährige Lahntalbahn den Fluß. Technische Denkmäler – analog der Gartenstraße in Berlin werden leidlich erhalten. Eine schwülwarme Luft erlaubt einen ordentliche Kadenz auf dem Carlton-Raleigh, das von seinem Charme nichts eingebüßt hat.
In Bad Ems, das seine mondäne Eleganz erhält, grüße ich den ersten Kaiser auf seiner Stele und genieße Ableger der Schinkelschule (Uhrzeit stimmt). Von er Südseite grüßen kleine Aussichtspunkte, ab und zu ein Türmchen. Turner würde . .
In Nassau = Oranien überrascht mich ein heftiger Wolkenbruch, als ich gerade nachtanke. Ich ziehe mich zurück und „lese“ die ausliegende b’ld #m sonntag: ! (und andere sterben mit 36 an Lungenembolie). Nicht jeder ist von seiner Konstitution her für die Politik geeignet. Die verstorbene Hoffnung der christlichen Partei nutzte schon im Studium das Flugzeug zwischen zwei Vorlesungen.
Jetzt zeigen die Schutzbleche ihre Nützlichkeit, ein warmer Wind hat bald die Strecke getrocknet, was hohe Kurvengeschwindigkeiten erlaubt. yeah! In Laurenburg dann verläßt die Bundesstraße das Lahnufer, sie führt hoch nach Holzappel – und nur ein Schotterweg führt geradewegs entlang. Viele schmale Spuren zeugen von reger Nutzung. Also durch-
Nach kurzer Suche finde ich einen ordentlich geschotterten Weg vor, dessen mannigfache Spuren eine deutliche Sprache sprechen. Hier ist also ein durchkommen bis Geilnau: auf in die Wildnis
& es ist……. . der Pfad wird schmaler, das Ufer rückt näher, die Felswand ragt steil empor: Eng windet sich die Lahn hindurch und ich muß zusehen, daß ich in der hohlen Gasse auf den Wurzeln nicht den Halt verliere. Doch gut geschüttelt ist halb geschafft, nach der Staustufe gibt es wieder 2spurigen Schotter, dann Teer: dieses Tal ist atemberaubend grün und wild, das Leben scheint ein langer ruhiger Fluß.
Bald hat mich die Zivilisation wieder, an meiner Tankstelle stecke ich ein eiskaltes Paulaner in den zweiten Flaschenhalter und freue mich auf die warme Mahlzeit zuhause. knusprige Kartoffeln mit Speck wären jetzt genau richtig.
20. Juli 2015 – i. mem.
…das ist aber eine gemütliche Sitzecke.
Mal so zum Seatpostbag: Du wickelst ihn genau wie ab Werk ? Ich habe dabei nach einer Regenfahrt die Restsuppe im dem Inneraum gegossen, beim Öffnen. Seit dem wickel ich nach unten.
Hab das Ding so zusammengewickelt, wie es mir in die Hände fiel. Dein Einwand stimmt natürlich: bei hefigem Dauerregen läuft Wasser in die Tasche, wenn man die Öffnung nach oben klappt.
Sprudelweg – das ist ja mal eine prickelnde Themenroute! Nach dem Motto: ad fontes!
An das eisenhaltige Quellwasser im Aartal habe ich noch gute Erinnerungen, und ich erkenne auf den Bildern auch den einen oder anderen Streckenabschnitt wieder, den Lahntal-Radweg und die E/D-Tankstelle in Nassau. Hach ja.
E7D hat den alteingesessenen AR/AL (mit Gasthof ,mit Parkplatz) verdrängt. Sprudelweg: ein mentaler Marker. Die Zeiten kehren wieder . . . . .