Vom Wetter reden – Windräder, Treibjagd und Christstollen

301115 Vom Wetter reden – Windräder , Treibjagd und Christstollen

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Sonntag 1 Advent, es ist Treibjagd. Die Kleinen roten Warndreiecke flatterten auf dem Hirschberger Höchst, dem Höhenkamm zwischen Diez und Montabaur.

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Während die Windräder volle Wattleistung abgeben,trollten sich hier irgendwo Schwerbewaffnete.Dazwischen einsam: mein Krautscheid und ich. Rechterhand stehen Autos geparkt, zu sehen war niemand, wahrscheinlich verbargen sie sich unten im Tal, mitten im Wald.

Regen,Frost , Schnee, Sturm? Derzeit reden alle vom Wetter. Natürlich nicht draußen, sondern innen und klimatisiert,was für die Konzentration besser ist.

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Wenn vom Klima die Rede ist zur Adventszeit immer Innenräume gemeint, jedenfalls hierzulande. So mein Nachbar der letzte Woche sein Holz hackte, in einem halben Jahr sei es trocken und für diesen Winter habe er schon genug, meinte er. Wir übrigen freuen uns über den niedrigen Ölpreis – und können darum entspannt auf unsere Windräder schauen. Wobei ich vielleicht der einzige bin, der hier auf Windräder schaut, die anderen hier . die ihre grauen, grünen und dunklen Autos abgestellt haben, sehen eher in die Dickung.

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Jetzt aber über den Höchst nach Hirschberg hinüber , während ein leichter Regen meine rechte Wange prickelnd erfrischt. Ich passiere die zweite Warnbake und habe immer noch keinen Schuß gehört.

Unter mir das nasse Asphaltband Richtung Hirschberg, noch 7km. Es ist eben 11uhr und der Bäcker sollte heute, es ist Sonntag, bis 11h30 seine Ware feilbieten.

Noch einmal durch den Wald, eine sanfte Steigung und dann eine sanfte Abfahrt. Der Herthasee mit seinem Lokal markiert das Ende des Waldstücks. Das Lokal ist gut gefüllt – erster Advent. Hiervor buntere Autos, groß, klein und einige flachere dazwischen.

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Holzappel taucht auf und es ist noch Zeit . Langsam rolle ich in das Straßendorf ein, dessen Kern ein kleiner Markt mit zwei, drei schönen Fachwerkhäusern bildet , in der Mitte steht ein Bär mit goldener Krone.

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Mein Bäcker: geschlossen.

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Der begossene Pudel (ich) steht davor. 10h30, nicht 11h30, meine Erinnerung läßt nach, oder die Öffnungszeiten wurden verkürzt. ( im digitalen Archiv nochmals ansehen). In ihrem Zellophan warten die Christstollen, einzeln und handgemacht, mit viel Butter und Mandeln, nach Wahl mit oder ohne kandiertes Zitronat oder Rosinen. Ab und zu kommt ein Auto vorbei und fährt langsamer , die Blicke richten sich zur Vitrine. –vergebens.

Neuer Sonntag, neues Glück denke ich und beschließe, ins Gelbachtal zu tauchen. .

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Hier beginnt die Abfahrt nach Dies( erst -9% , dann zwei, drei sehr malerische Serpentinen durch den Wald, dessen Lerchen letzte Nadeln verstreuen). Die Straße ist frei und so kann ich mir in aller Ruhe die Bremspunkte aussuchen und den Nadelduft einatmen.

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Unten di e hübsche Brücke mit dem Eisengeländer über den Gelbach. Lange nicht mehr hier gewesen, aber alles, völlig unverändert. Der blaßgrüne Mercedes 190 steht immer noch hinter dem Gasthof.

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Mal näher mal ferner rauscht der Gelbach an mir entlang, die Schauerwolken haben sich verzogen und einer (sehr) schüchternen Sonne Platz gemacht. Vögel, vereinzelt.

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Hecken und Knicks; Elster, Häher und Grünspecht machen sich die Plätze streitig. Die Luft ist mild und atlantisch tief. Das Gelbachtal ist über das Jahr ein Eldorado der Radsportler, denn es geht rund 30km fast flach in Richtung Lahn, vor den Hauptwindrichtungen geschützt. Heute bin ich allein mit den Waldhängen, den kleinen Dörfern und dem Rauschen des Bachs.

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Links über mir halten die Bären des Freigehege hinter ihrem Elektrozaun Winterschlaf. Es rollt.

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Montabaur – Jet empfängt mich. Das doppelte Nußnougatcroissant ist ein willkommenes Angebot, um schnell sehr viele Kalorien in den Körper zu führen. CaféCréma „normal“ hilft bei der Aufnahme .

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Der Werbebildschirm spielt endlos seine kleine Bilderschleife ab, die mich zum Kauf französischer Zigaretten auffordert. Ich sehe das Rad, das der stark behaarte (modische) junge Mann im Smoking spazieren trägt. Vielleicht einmal mit geschultertem Rad einmal eine Tankstelle betreten ? – aber ohne Smoking würde etwas fehlen.

Um diese Tankstelle herum hat sich einiges getan. Die Straße ist renoviert, eine Waschanlage für 6 Fahrzeuge entstand, eine Bäckereikette hat ein Café eröffnet. Nur 300m weiter steht das outlet-center. Dafür  – ich schrieb schon davon – mußten einige Bäume fallen. Außer der schönen Eiche hinter dem Bilderstock aus Backstein waren es aber keine bedeutenden Persönlichkeiten .

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Wie gut der Café tut. Gleich geht es wieder hinaus , zwei, drei Anstiege noch, die mich wieder auf die Höhenzüge führen, wo sich das frisch gehackte Holz stapelt. Diesmal mit Wind von schräg hinten . Allerseelen. Grabgesteck, 5 Euro 99 (mit Grablicht) . Wenn einem die Eltern zusehen würden, wenn man zwischen mehreren Gesteck-Angeboten auswählt? .

Ist allright rufe ich der Krähe auf dem Friedhof zu, nächsten Sonntag komme ich mit einem Christstollen vorbei.

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5 Antworten zu Vom Wetter reden – Windräder, Treibjagd und Christstollen

  1. randonneurdidier schreibt:

    herrlich launig geschrieben hast du das . Danke

  2. crispsanders schreibt:

    Danke,Didier, Kette bleibt mittig

  3. mark793 schreibt:

    Diese Kreuzung auf dem letzten Bild kommt mir irgendwie bekannt vor. Rechts geht es nach Holzappel?

  4. crispsanders schreibt:

    Nicht ganz. Für Heimatkundler – Der umfahrene Ort nennt sich Heilberscheid, rechts geht es nach Nentershausen, aber auch nach Berod. In dieser Gegend ist eine 50000er karte unerläßlich.

    • mark793 schreibt:

      Ah ja, ich war mir wegen des Lattenzaus um den Baum auch nicht ganz sicher, ob es die gleiche Kreuzung aus anderer Perspektive ist, die Du vor der wohlbekannten Abfahrt nach Dies abgelichtet hast. Heiberscheid sagt mir was, aber wenn, dann war ich da mit dem Auto näher dran als mit dem Rad.

      50.000er-Karte? Ich bin da nur mit einem Ausdruck von Google Maps in der Jackentasche umhergefahren, auf dem nur die größeren Ortsnamen ersichtlich waren. Nicht immer wusste ich genau, wo ich grad bin, aber so richtig grandios vergurkt habe ich mich nicht. Ein paar der Bilder von dort flimmern hier im Flur auf einem digitalen Bilderrahmen. Ich hoffe, irgendwann wieder rund ums Gelbachtal rumzuradeln, und wenn ich für die Anstiege eine MTB-Kurbel brauche.

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