Es fühlt sich schon ein wenig merkwürdig an, das alte zähe Stück Metall ohne Gepäck zu bewegen. Es läuft wunderbar, nix flattert, nix klappert.
Und so sah es noch vor ein paar Tagen aus:Es war meine erste Fléche genau wie für die Teammates. Alle kannten die Marathondistanz, einige waren schon über 300 unterwegs. Mit 52lenzen war ich fast der Jüngste. Mit drei (von 5) gewerteten Teilnehmern haben wir es geschafft .
Trotz Paris Brest und anderer längerer Strecken, war die Flèche etwas besonderes. Die Flèche ist eine Teamleistung. Mannschaftsfahrten über 400km sind eine Herausforderung, auch wenn es dem Radsportler vielleicht nicht gleich einleuchtet. „Ein Team ist doch im Vorteil, allein schon wegen des Windsachattens“ .
So dachte vielleicht auch das Amateur-Rennsportteam Heinemann, das mit über einem dutzend Fahrern, Betreuern und Begleitwagen 2011 Paris Brest anging, nicht die schnellste Zeit fuhr und Mühe hatte, vollzählig einzutreffen. (tour magazin 10/11). Was nur zeigt, wie schwer es ist eine Extremdistanz im Team zu bewältigen.
Auf der Langstrecke ist Windschatten das geringste Problem, ja bei Dauergeschwindigkeiten um die 25 (es gibt natürlich schnellere) fast zu vernachlässigen. Ein Team – erst recht ohne Unterstützung von außen – muß andere Anforderungen erfüllen. Vielleicht kann ich als Jung-Randonneur ein paar Sachen zusammenfassen, die mir wichtig scheinen.
Drei Dinge machen eine Flèche zum besonderen Brevet: Das Team, die Strecke und das Zeitmanagement.
Das Team
Ein Team zu finden ist das eine: Gute Radfahrer gibts reichlich, erfahrene auch. Letztere sind notwendig, wenn gemeinsam ein Ziel erreicht werden muß. Ruhe ist erste Bürgerpflicht. Es wird auf Rennrädern gefahren, more or less, es ist aber keineswegs ein Rennen. Es ist ein gemeinsames Fahren gegen die Zeit und gegen die Renninstinkte.
Was auf einer RTF Distanz oder an einem gemeinsamen Nachmittag völlig problemlos läuft, geht nicht unbedingt über 24 Stunde. Im Vergleich zum Brevet über 400km ist der größte Unterschied die Abstimmung der Mitfahrer.
Bei einem Brevet kommen Teilnehmer oft einzeln an, manchmal zu zweit, seltener im Pulk; es wird gemeinsam gestartet und fast immer zerfällt das Feld nach ein, zwei Stunden. Das ist völlig normal: nicht jeder wird gleichschnell warm, zwei Ampelphasen können schon Unterschiede von mehreren Minuten machen usw. usw. für den Ausgang des Brevets ist das unerheblich – es gilt ja die Einzelzeit.
Randonneure kommen aus völlig unterschiedlichen Bereichen des Radsports. Manche sind irgendwann in ihrer Jugend gefahren, andere eingefleischte Tourenfahrer und Reiseradler, einige bringen von einer Karriere als Amateurfahrer eine ordentliche Grundgeschwindigkeit mit. Nicht alle sind vereinsmäßig geschult, in einer Gruppe zu fahren, andere Randonneure haben daran kein gesteigertes Interesse.
Eine Flèche unterscheidet sich in diesem Punkt: Tempounterschiede müssen sich angleichen, für eine Gruppe sind größere Abstände unter den Fahrern auf Dauer Motivationskiller. Bei einer Langdistanz hat jeder irgendwann ein körperliches Tief. Das muß nicht nur der Fahrer sondern auch der Mitfahrer erkennen und darauf eingehen.
Die Strecke
Eine Brevet Strecke wird vom Veranstalter vorgegeben. Der ist oft ein „Kapitän der Landstraße“ , der seine Strecken bestens kennt und erprobt hat. Für den Teilnehmer eines Brevets gibt es nur dann Überraschungen, wenn er selbst bei der Navigation Fehler macht oder diese (wie häufig ich) nicht wirklich beherrscht. Für eine Flèche besteht die Aufgabe eines Teams darin, eine möglichst ideale Route mit der vorgegebenen Mindestlänge von 360km zu planen.
Trotz weit entwickelter Routenplaner und GPS-Geräte liefern diese keineswegs eine garantiert „gute“ Route. Das stellten auch Redakteure fest, die jüngst von drei verschiedenen Programmen ermitteln ließen, wie man am besten per Rennrad Leonberg nach Ludwigshafen kommt. Es gab kaum Übereinstimmung.
Für die eine Software ist ein lehmiger Feldweg oder eine Schlaglochpiste eine Radstrecke wie jede andere, die nächste versucht sich irgendwie prioritär an Radwege zu halten, selbst wenn sie von der VerkehrsPlanung seit jahren vernachlässigt sind. Sichergehen kann man nie, aber Erfahrung hilft. Und nachts sind auch Bundesstraßen nicht die unangenehmste Alternative. Man rollt dort sicher und leicht.
Die Geschwindigkeit eines Randonneurs ist nicht die Höchste, Gleichmäßigkeit hat Priorität. Risiken und Komfortmängel eines schlechten (Rad)wegs sind manchmal entscheidend für Erfolg oder Mißerfolg eines Brevets. Schnell ist der „flow“ dahin, schnell liegt man flach oder es reißt einem die Speiche ab.
Die Routenplanung einer Flèche ist eine Aufgabe, die dem erfahrensten Hasen überlassen werden sollte. Das ist die Grundlage.
Die Zeit
Schon wenn man allein unterwegs ist wundert man sich immer wieder, wieviel Zeit unterwegs „liegengeblieben“ ist. Kann man sich zu zweit noch sehr einfach abstimmen, potenzieren sich mögliche Zeitverluste mit jedem weiteren Mitfahrer. Verkehrsbedingungen und biologische Zwänge können nicht geändert werden. Damit bleibt die entscheidende Frage für das Zeitmanagment : wie siehts mit dem Essen aus?
Verpflegung. Man kann gar nicht soviel mitnehmen, wie man Essen/trinken muß. Auch bei Menschen die 100km mit einem Schluck Wasser hinter sich bringen ist nach 200km der Akku leer – und soweit darf es bei keinem Teilnehmer kommen. Bei Hitze muß mehr, bei Kälte wärmere Flüssigkeit besorgt werden, aber das klappt eigentlich immer. Rechtzeitig Essen fassen ist da schwieriger. Es muß die Möglichkeit gefunden werden, bei der es von der Bestellung bis zur Lieferung am schnellsten geht.
Gute Verpflegung finden und aufnehmen ist die Herausforderung denn im Unterschied zu den anderen Disziplinen des Radsport benötigt ein Randonneur unbedingt eine solide, warme Mahlzeit zwischendurch. Ein Hungerast gegen 2 Uhr morgens im Tal der Aula ist nicht gut für s Team – vorbauen heißt, schon bei der Routenplanung genau die Versorgungnspunkte bestimmen. Ein guter Teamkapitän (wie unserer) ruft sogar einmal an, um ganz sicher zu gehen. Es gibt zuviel Datenmüll, auch im Netz.
Wir sind ein dicht besiedeltes Land, verglichen mit den Nachbarstaaten sind unsere Tanken und Raststätten ein Versorgungsparadies. Jedoch gibts Unterschiede, auch in der Bestückung von vermeintlich gleichen Tankstellen. ( An Brevets passiert es schonmal, daß die Schnellsten den Langsamen die Tankstellenvorräte wegeputzt haben). Auf einer Flèche, wo jedes Team seine route fährt, ist diese Gefahr gering. Das Wochenende in der Provinz ist der Engpaß, die Vorräte sind begrenzt.
Auf Tankstellen sollte man sich also nicht allein verlassen. Ein Gasthaus am Wegesrand ist auf jeden Fall eine Alternative, auch wen es alles in allem länger dauert als die Abfertigung in den etwas anderen Reataurants.
Meck Donner (et al.) hat sich als Lösung etabliert, auch weil das Programm schön standardisert ist. Noch besser, wenn man genau weiß, welche BurgerOasen auch wirklich rund um die Uhr geöffnet haben (s.o.) In der kritischen Zeit von Mitternacht bis 600h ist mehr nicht zu erwarten. Mehr als alle Vorräte leistet die stabile Psyche und die gute Gruppe. Dann gibt es frohe Gesichter im Ziel:Prosit.
Eine Flèche findet schließlich nur alle zwei Jahre statt!