Drei Säulen sind übrig und ein kleines Gleis. Drei antikisierende Reste aus Gußstahl Dorisch, ionisch, korinthisch – die Chefetage der Reichsbahn sprach Griechisch. Die Parolen auf den Yorckbrücken sind fast so alt wie die rostigen Träger. Einmal links ab durch die komischen roten Nudeln.
Und schon gehts auf Ebene 1 neue Hauptstadt. Revolver, die Berliner Simulation, Bodo oder wie hieß noch diese Literatur aus der Subvention raus. Hier, im guten alten no-mans-land zwischen Dennewitz, Yorck und möckernstraße war ein biotop. . .
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. . ungefähr so wie im REVOLVER reihe Suhrkamp. Wichtig und sehr paranoid. Und dann kam Krüger um die Ecke, das Studio war ja nicht weit. Hatte hier irgendwo ein kleines Zwischenlager für die Karren. Der hat ja dann mit Karren gehandelt: historisch und filmreif. War ja früher alles voller Lokschuppen gewesen und Drehscheiben und Reparaturhallen, die keiner mehr brauchte. da haben sie sich gern eingenistet.
Da wären wir also. Hier kannst auch Du Berlin sein, selbst wenn Du sehr jung und ganz neu in der Stadt bist.
Im Umfeld gedeihen Häuser für junge Familien, deren Kinder ganz sorglos auf sauberen neuen Spielplätzen die Hauptstadt kennenlernen. Und drunter nüscht wie Schutt, Schotter, alte Gleise vielleicht auch: Bolzen, Granatsplitter, Kohlebunker, Bleirohre : die ganze Archäologie hauchweise abgetragen. Das müssen sie nicht wissen, denn selbst ihre Eltern wissen kaum, auf welchen Sand diese Spielplätze gesetzt wurden.
Krüger wußte es.
Denn Krüger kam ab und zu mit 1 Flasche Wodka aus dem 90 Grad und da gabs diese komischen Schilder nicht, wenn wir uns durch die Büsche schlugen. Die ganze Gegend gehörte der Reichsbahn, und die Reichsbahn saß drüben, hinter der Mauer. Und weil die keinen Hausmeister abstellen konnten, war das Gelände vogelfrei – nicht ungefährlich, voler Müll aber frei. Trotz mauer: besonders frei.
Also Abenteuerspielplatz im großen Stil, nur für Erwachsene. Krüger hatte natürlich irgendwelche Depots für Sachen, die im 90 Grad gebraucht wurden. Oder im Tonstudio. Weniger für sich – er hat den Kopp gebraucht.
Restgleise, Restschuppen, wilde Birken und wir liefen in Schlangenlinien durch, während in der anonymen Werkstatt ein paar Schäferhunde sich warmliefen: falls wer was klauen wollte. Alles arme Schweine. Jetzt patroullieren im Schrittempo kleine Polizeiautos über den schicken glatten Asphalt und immer bollert die Bahn über die Köpfe. Von Schrott fehlt jede Spur. Eine einzelne, fest verschlossene Flasche wird in den Anschlag genommen. Nicht geköpft. Hinten warten die Mülleimer.
Hier wird einer mit Pudel interviewt. Der Fragesteller kniet nieder, damit der Mann bei seiner Antwort für die Kamera richtig guckt: also nicht nach oben, sondern auf die Ebene der Kamera. jetzt guckt er natürlich falsch – weil zu mir, also die Frage bitte nochmal: Er erzählt von einer Krankheit, die er hat und hinter ihm sind Turngeräte aufgebaut. Etwas weiter ist ein großer Sandplatz „Strandvolleyball“. Für Fußballtore hat es nicht gereicht, wenn ich richtig sehe. Vielleicht kommen die Kinder ja Nachmittags, oder am Woschenende. Aber die Fans sind überall
Was du alles aus der Versenkung holst. Geil! Von wann ist die Karte?
Die Karte ist von 1938 – eingetragen ist darauf gestrichelt die neue NordSüdachse der Hauptstadt Germania. War im Netz zu finden ebenso wie ein Luftbild von 1928. Ich schätze an die 40 Gleise, die über die Yorckstraße führen. War und ist im Internet zu finden. Einiges unter „geoportal berlin“.
Eine sehr vergleichbare Situation (nur eben aktiv) gab es jenseits der Warschauer Brücke , wo ein Güterbahnhof direkt neben dem „Hauptbahnhof“ endete. EIn Stellwerk war dort noch sehr lange in Betrieb – also besetzt – auch als es nicht den geringsten Güterumschlag mehr gab. sehr eigenartig. Die Besatzung des Stellwerks rang um Fassung, als ich einfach so mal anklopfte. Nikotindunst und Gesichter, die vom Alkoholkonsum gezeichnet waren.
Inzwischen steht die Metro und die O2 arena auf dem Areal .
Det is Berlin – treffend beschrieben
Die alte Karte ist ja hochinteressant. Ich kenne die Ecke rund um Grunewaldstraße und Barbarossaplatz ein wenig, da hat sich im Straßenverlauf nichts geändert, nur ein paar neuere Blocks dazwischen, wo Bomben Lücken in die Blockrandbebauung gerissen haben.
Am stärksten wurde der Zwischenraum von Potsdamer und Bülowstraße umgearbeitet. Ich glaube, viele westdeutsche Großstädte sind in ihren Straßenführungen (Autos!) intensiver umgekrempelt worden nach dem Krieg. Köln oder Düsseldorf fallen mir ein. Unter der karte befindet sich in Strichen übrigens der link, mit dem man auchauf andere Abschnitte gehen kann.
Ja, in Düsseldorf hat ein gewisser Herr Tamm nach dem Krieg ziemliche Schneisen geschlagen für eine autogerechte Stadt. Ich hatte das nicht gewusst, aber einer der hiesigen Blogger (Rainersche Post) hat das immer wieder mal thematisiert.
Eines der vielen Bücher, die ich mal verklappt habe „stolzes Düsseldorf o.ä. thematisierte das Ganze dann mit den Kampfbegriffen „Zukunft“, „Autogerecht“, „Wachstum“ etc. pp. Städte wie Paris und London haben das zwar auch nie hinbekommen (Paris baute Tunnel), aber für mich ist es schon eigenartig, wie man Durchfahrtkapazitäten schafft, die bei Auslastung nicht bewältigt werden. Sprich: Wenn Du drei Spuren füllst beginnt der Stau bei der Doppelspur.
Ein umweltverträgliches Modell ist für Städte bis heute vermieden worden – man sehe sich die Pendelorgeien im Rhein-Main Gebiet an, die ich ab und zu von weitem leuchten sehe.