Es war in diesem unglaublich langem, heißen Sommer. Die Ferien waren gerade beendet, die ersten Erinnerungen mit den Koffern wieder verstaut. Das transcontinental race No6 hatte längst schon begonnen, als ich ins dowatching einstieg.
Langsam drehten die ersten kleinen blauen Zahlen auf dem Monitor Richung Süden, während Hunderte sich noch durch verschachtelte Gebirgsmassive nach Norden kämpften. Der Vorjahressieger hatte bald einen Tagesvorsprung, bei gewöhnlichem Verlauf würde James Hayden auch in diesem Jahr als erster in Meteora eintreffen.
Bild: tcr
Interessant waren die Punkteknäuel dahinter, Falconer und der Pechvogel Björn Lenhard, dessen dritter Versuch wieder nicht zum Sieg führen würde. Einige Namen waren von vorigen Ausgaben bekannt, Alain Puisieux, der Herausgeber des französischen 200 Magazins hatte schon aufgegeben. Bonn war ein neuer Name. cap no 158. Seine Route war etwas anders gewählt, aber vielversprechend. Bonn war möglicherweise der Joker in dieser transcontinental, auf jeden Fall einer der schnellsten Teilnehmer.
Mit ein wenig Nachforschung entdeckte ich den jungen Mann und sein auffälliges Rad im youtube Interview am Start, ebenso die beiden flamboyanten Kuriere , die mich im letzten Monat faszinierten. Zuerst hielt ich René Bonn für einen Amerikaner. Völlig falsch.
So entfernt die Welt der zwei US-Radmessenger von meiner ländlichen Abgeschiedenheit ist, so gleicht die Umgebung aus der René Bonn stammt doch sehr den grünen Hügeln ringsum. René Bonn kommt aus dem Rhein-Taunus, der Region zwischen Wiesbaden, St.Goar und Nassau.
Eine Landschaft, durch die mich der Idsteiner Marathon geführt hatte: auf einem welligen Hochplateau wechseln sich Weizenfelder, Mais und Wiesen ab, durchzogen von
dichten Waldpassagen, überragt von einsamen Windrädern. Keine größeren Städte, die robusten Landstraßen verbinden solide Dörfer und Gemeinden.
René Bonn sollte der erste leibhaftige Teilnehmerdes tcr sein, den ich zu Gesicht bekam. Ein paar Tage nach Ende des Transcontinental Race machte ich mich mit meiner silbernen Gazelle auf. Es war ein Samstag, sehr trocken, sehr warm, wie alle Tage im August. Ich nahm den Weg über Diez, das Aartal und dann die ersten Anstiege.
An der Sauerquelle in Rückershausen hatte ich mir Nachschub geholt und traf ein Paar, daß sich mehrere Kisten vom kohlensauren und mineralischen Brunnenwasser abfüllte. Sie brachten es nach Thüriungen zurück. Dort wirkt es Wunder.
Nach dem Anstieg der erste freie Blick über die abgeernteten Felder, hinunter , hinauf, von Welle zu Welle. Schließlich Nastätten und dann, nach einer letzten Welle –
Eine letzte Steigung und dann, nach einer langen Alleekurve kommt Kasdorf. Der Bioladen ist gleich vorne links, leider schon geschlossen. Familie Bonn wohnt nur wenige hundert Meter weiter, das handgemalte Gratulationsbanner prangt vor dem Haus. Hier bin ich also richtig.
Was ist es, daß einen jungen Mann direkt vom Mähdrescher quer durch Europa treibt? Wo fängt seine Geschcihte an, die nach 42000 Höhenmetern endet?
Allein: der junge Held ist noch nicht zurückgekehrt von den Gestaden Ithakas. Seine Mutter weiß genau Bescheid – sie hat geholfen den Traum wahr zu machen. Ihr wunderbares Dinkelbrot nehme ich mit und werde
es nach den 110km gleich einmal anschneiden. Cap No 158 wird kommen, beim nächsten mal.
Cool. Dranbleiben!