Warum nicht 3fach? Ein drittes Kettenblatt sind gleich ein paar Gänge mehr, die mit einem 6er Ritzelpaket helfen, entspannt (fast) alleHügel zu bezwingen. Das Krautscheid also, ein Versuch, der sich bewährt hat. Heute für den Westerwald an einem Märztag, dessen Sonne bis in den letzten Winkel, bis unter die Steine reicht.
Ich kann es an den Stimmen hören: das Jahr hat umgeschaltet. Sie sind auf den Bäumen und in den Büschen, streiten sich in den Hecken. Sie haben keine Zeit zu verlieren – mit ihrem Ruhepuls von über 200 die Vögel durch die Zweige.
Auf dem Flugplatz steht die erste zarte Maschine. Fast Windstill und Südost. Stabile Wetterlage, losfliegen, sobald es geht. Das kleine Flugfeld erwacht aus dem Winterschlaf.
Überall gefällte Bäume und unheimliche Geräusche aus den Wäldern. 2TaktMotoren singen grell und unvermittelt ihre kurze Strophe, Leuchtwesten geistern Unterholz herum. Es wird heute viel gefälltes Holz am Wegesrand liegen. Die Menschen ziehen schnell ihre Schlüsse, wenn es um die Versorgung der warmen Stube geht.
Und warten nicht erst auf Erklärungen zur Energiepolitik. Gesetze hin, Gesetze her, helfen wird ihnen hier im Notafall neimand , fürs eigene Heim müssen sie selbst sorgen, das war schon immer so und hat sich gerade erst an den unglücklichen Bewohnern des Ahrtals gezeigt. .
Manchmal gehören auch im Hof abgestellte Ausschlacht-KfZ zum Vorrat, genau wie das geschichtete Holz. Auf dem Land ist Prepper kein Schimpfwort –
Mit dem Krautscheid über die Hügel und durch die Bachtäler. Der Evergreen. In einer Woche ist der 300km Brevet, der auch durch die belgischen Ardennen führt. Der parcours wird nicht unbedingt mehr Höhenmeter haben als die Gießener Runde von voriger Woch. Aber er ist länger und sicher (noch) windiger.
Heute als Vorübung zu den Ardennen der Westerwald: etwas weiter nordwestlich, dorthin, wo der hohe Westerwald nach dem Holzbach westwärts in langen Wellen ausklingt und oberhalb von Urbach von der Autobahn 3 durchschnitten wird. Deren Präsenz ist sichtbar: die Dörfer werden städtischer, ohne Städte zu sein. Aus Kleinstädten wurden Gebilde die wir als periurbane Mischformen klassifizieren. Ordnen, strukturieren, in Schaukästen bewahren, ein Land beschreiben.
Eine Fleischerei wird zur Pizzeria, die mit großem Namen unterzeichnet. Ob sie Lizenzgebühren abführt? Das nach dem Picasso betitelte Auto spülte mehr und dauerhafter Geld in die Kasse der Familienstiftung, als es Gemälde je tun konnten. Dierdorf Zentrum. In der überhellen Sonne wirken die Häuser wie ausgebleicht und staubig.
Die Ausfallstraßen werden breiter, Kreisverkehre und große Tafeln ohne Kilometerangaben. Damit man morgens im Dunkeln auf dem Weg zur Schicht die Autobahn nicht verpasse. Große Hallen-Riegel haben sich an günstigen Punkten in die Landschaft geschoben. Lager und Umschlagplätze, die den Gemeinden die Gewerbesteuern einspielen die der verkümmerte Einzelhandel nicht mehr hergibt.
Mit Tankstellen macht man was man kann, wenn die Autos nicht mehr kommen.
Dann, nach einer mühsamen, baumlosen Steigung unterquere ich den Doppelstrang von Autobahn und Zugstrecke und bin im Märkerwald oberhalb des Neuwieder Beckens.
Dieser Wald bildet eine erste Stufe zwischen Rheingraben und Westerwald und trennte damals Rom von Germanien.
Die Einfahrt zum Limesweg liegt auf dem Höhenzug, Motorräder rauschen vorbei oder wenden hier, um sich wieder in die Abfahrt zu stürzen, die sie gerade heraufkamen. Behelmte Gruppen ziehen in Schwärmen weiter. Warum? Wohin? Die Natur hat die Geschichte noch nicht zuende erzählt –.
Hinter mir liegt der Wald die schmale, kurvige Abfahrt, An deren Ende der kleine Zoo von Neuwied, Eltern ziehen ihre Kinder an der Mauer entlang durch die Staubfahne, die vom Parkplatz herüberweht. Im Dorf eine unerwartete Allee von Zierkirschen, die in wenigen Tagen die Engerser Straße in eine rosane Baumparade verwandeln wird.
Neben der Tankstelle warten Autos auf ihre Abfertigung in der Waschstraße. Auf der anderen Seite der Straße wird ein Möbelstück aus dem Lieferwagen gewuchtet, eine Frau in schwarzen, wenig vorteilhaften leggings hebt den Stapel Werbezeitungen aus dem Eingang des Mietshauses. Die Zapfsäule läuft und mit einem Schnappen endet automatisch die Betankung durch den Hahn . Ich lecke an den Salzkörnern auf den Brezeln.
Dann der Rhein, die massige Brücke mit ihren Ecktürmen – an jedem Ende zwei- deren Wuchtigkeit vom dunklen Basalt verstärkt wird. Die Schwellen der Bahnstrecke werden ersetzt. Nur Radler und Fußgänger nutzen jetzt das gewaltige Bauwerk, um über den Rhein zu kommen. Wenige Kilometer südlich auf der nächsten Brücke rauscht die Autobahn – Wind aus Südost.
erstaunlich wie ein Containerschiff , schier endlos die bunten Blechkisten unter der Brücke hindurchschiebt. Man hört den Motor kaum, aber die Brücke erzittert. Über 150 Meter Container, Evergreen steht auf einigen.
Die Obstbäume der Rheinebene zeigen erste Farben. Das grüne Krabo rauscht hindurch und leuchtet zurück. Fast den ganzen Winter über stand es still. Ein paar Stunden Gewöhnung sind wichtig, zum Limes komme ich gut hinauf, fühle mich aber ungewöhnlich müde im Anschluß. Die Sonne möglicherweise. Ich werde nach der Rückkehr den ganzen Antrieb für den 300er prüfen, untersuchen, erneuern.
Zum Ende der Tour der Lohn des Tages – der weiße Strauch vor Moschheim, eine schöne Schlehe gleich an der Straße. Aus der Eintfernung eine große weiße Halbkugel und von nahem filgranes Astwerk in alle Richtungen, über und über mit kleinen Blüten Besetzt. Kühl schon und unter später Sonne, aber es summt noch und duftet überströmend, sanft und süß. Das Jahr steigt an.
26.03.2022.