Ich hätte nicht geglaubt, daß ich an dieser Stelle ein politisches Pamphlet verfassen würde. Heute ist nämlich einer der wichtigsten europäischen Nationalfeiertage – nur daß dieser bei uns nicht gefeiert wird. Wir kompensieren unsere Maueröffnung gerade mit der Zahlenmystik der Karnevalsnarren, in Frankreich und England (und auch anderswo) gedenkt man des Endes der großen ersten Globalisierungskatastrophe.
Denn eigentlich ist dies ein Tag, der uns Europäer in der Dauerkrise alle angeht: es dürfte auf den Inseln und auf dem Kontinent keine einzige Familie geben, die nicht mit dem Leben bezahlt hat. Vielleicht schämen wir uns hierzulande auch für den Steckrübenwinter und die Ruhrepidemie, die das jahr 1918 prägten und unzähligen Frauen Kinder und Alten das Leben kostete, besonders in den Mietskasernen, aus dessen Enge die Ahnungslosen hier unten entflohen.
Nur im Feuilleton der Frankfurter Zeitung finde ich eine kleine Ausstellungsbesprechung, in der es eher um technisch-kulturelle Fragen geht. Die Titelseite widmet sich (mit Bild) ostasiatischen Schachzügen, die eben dieses alte Europa vom Lieferanten zum Kunden herabstufen sollen. In allen übrigen Teilen dieser Textreichsten deutschen Zeitung keine Zeile zum 11.November 1918.
Die Namen sind einzeln gemeißelt – mein stolzes PY Peugeot, ein Rad, das zwei mal die Tour de France gewonnen hat und zu 100% aus französischen Bauteilen besteht, war gesissermaßen die einzige Abordnung, die diesem blumenlosen Denkmal die Ehre erwies.
Es steht dort wie der letzte lebende Veteran einer großen Fahrradnation – leider konnten seine deutschen Freunde kein Zeichen gegeben, sie mußten sich ihren Geschäften widmen.
Wir sollten uns Sorgen machen, wenn die großen Gegner von einst so an Boden verlieren, wenn ihre Jugend so zur Hälfte arbeitslos ist, statt wegen der momentanen ostasiatischen Fahrzeugnachfrage mit stolzer Brust und kapitänsbinde am Arm über das Deck des sinkenden Europa zu wandeln.
na na! Wenn ich nicht irre, kommen beim Peugeot PY Reynolds Rohre zum Einsatz! Und die kommen nun wahrlich nicht aus französischer Herstellung!
P.S Ich bitte um Nachsicht, wenn ich Dein bei HH-B gefahrenes hellblaues Raleigh mit Deinem SNEL verwechselt habe. Du hast mich wohl zu fix überholt. Und von seitlich hinten habe ich einfach nur „blau“ gesehen. Ansonsten finde auch ich das Ende des 1. Weltkrieges am 11.11.18 für absolut in unseren Medien „unterbelichtet“. Alaaf und Helau scheinen aktueller zu sein…
faz.net hat noch was auf Lager zum Thema.
Zum Beispiel. Ist dann FazNet der Druckausgabe mittlerweile übergeordnet? Ich meine, wovon reden wir denn, wenn wir eine Währungsunion, eine Schuldenunion vielleicht sogar eine Verteidigungsunion sind oder sein wollen?
Natürlich hat der randonneur recht, wenn er den Peugeotstahl als englisch bezeichnet. Das war sozusagen die englische Abteilung am Denkmal…